Ortsteil Reichelsheim / Ziegelei: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Historisches Reichelsheim
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=== Der Weg von der Feldbrandziegelei zur Ringofenanlage ===
 
=== Der Weg von der Feldbrandziegelei zur Ringofenanlage ===
  
Ein Feldbrandofen war keine ortsfeste Einrichtung. Die Steine wurden dort gebrannt, wo sie geformt und gestapelt wurden. Zwischen den einzelnen Lagen der Steine kam ein Brandstoff (meist kohle) und wenn der Stapel (der Meiler) eine bestimmte Größe erreicht hatte, wurde der Meiler - um unkontrollierte Luftzufuhr zu verhindern - mit Lehm und Erde zugedeckt und angezündet. Während der gesamten Brennphase, die ja nach Größe des Meilers zwischen zwei und sechs Wochen liegen konnte, kontrollierte und regulierte der Ziegler die Luftzufuhr. Die Kunst war, den Meiler so geschickt zu stapeln und das Abbrennen so zu koordinieren, daß eine möglichst große Zahl der gebrannten Steine verwendet werden konnte. Bei einem Meilerofen war die Qualität der Ziegel sehr unterschiedlich, ein Drittel war mit zu hoher Temperatur gebrannt und neigte zum Splittern, ein weiteres Drittel war mit zu niedrigerer Temperatur gebrannt - diese Steine waren porös, verwitterten schnell und brachen oft auseinander. Einzelne Ziegel waren nur zur Hälfte von guter Qualität und somit nur bedingt brauchbar. Auch war der Energieaufwand bei diesem Verfahren sehr hoch.
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Ein Feldbrandofen war keine ortsfeste Einrichtung. Die Steine wurden dort gebrannt, wo sie geformt und gestapelt wurden. Zwischen den einzelnen Lagen der Steine kam ein Brandstoff (meist Kohle) und wenn der Stapel (der Meiler) eine bestimmte Größe erreicht hatte, wurde der Meiler - um unkontrollierte Luftzufuhr zu verhindern - mit Lehm und Erde zugedeckt und angezündet. Während der gesamten Brennphase, die ja nach Größe des Meilers zwischen zwei und sechs Wochen liegen konnte, kontrollierte und regulierte der Ziegler die Luftzufuhr. Die Kunst war, den Meiler so geschickt zu stapeln und das Abbrennen so zu koordinieren, daß eine möglichst große Zahl der gebrannten Steine verwendet werden konnte. Bei einem Meilerofen war die Qualität der Ziegel sehr unterschiedlich, ein Drittel war mit zu hoher Temperatur gebrannt und neigte zum Splittern, ein weiteres Drittel war mit zu niedrigerer Temperatur gebrannt - diese Steine waren porös, verwitterten schnell und brachen oft auseinander. Einzelne Ziegel waren nur zur Hälfte von guter Qualität und somit nur bedingt brauchbar. Auch war der Energieaufwand bei diesem Verfahren sehr hoch.
  
 
Abhilfe schafften die Ende des 19ten Jahrhunderts aufgekommenen ringförmigen Brennöfen mit kontinuierlichem Betrieb. Genau solch eine Ringofenanlage baute der Ziegelfabrikant Heinrich Kötter. Von 1902 bis 1906 entstand an der heutigen Bad Nauheimer Str. 39 eine für die damalige Zeit hochmoderne Anlage zur Herstellung von Ziegelsteinen.
 
Abhilfe schafften die Ende des 19ten Jahrhunderts aufgekommenen ringförmigen Brennöfen mit kontinuierlichem Betrieb. Genau solch eine Ringofenanlage baute der Ziegelfabrikant Heinrich Kötter. Von 1902 bis 1906 entstand an der heutigen Bad Nauheimer Str. 39 eine für die damalige Zeit hochmoderne Anlage zur Herstellung von Ziegelsteinen.
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Zur Geschichte und Funktion unserer Ziegelei suche ich noch Infomaterial
 
Zur Geschichte und Funktion unserer Ziegelei suche ich noch Infomaterial
 
  
 
== Internetfund in Bezug auf Ziegelei ==
 
== Internetfund in Bezug auf Ziegelei ==

Version vom 4. Februar 2016, 16:25 Uhr

Bevor der Gesamtkomplex Ziegelei mit Wohn- und Bürogebäude, Ring-Brennofen, Lagerhallen und Maschinenhaus an der damaligen Weckesheimer Straße entstand, existierte dort wohl schon unter dem Ziegelfabrikant Kötter eine Feldbrandziegelei.

Erzählungen von Frau Magda Leidinger geb Schürmann - eine Tochter des letzten Ziegeleifabrikanten in Rhm zufolge, war die Ziegelei von jeher ein Familienbetrieb gewesen.

Ein Familienbetrieb

Bereits aus dem Jahr 1800 ist eine Genehmigungsurkunde im Stadtarchiv vorhanden, die für einen Jacob Brumm das Aufstellen eines Ziegelofens in Reichelsheim nachweist. Im Familienbuch Reichelsheim ist ein Jacob Brunn mit der Berufsbezeichnung Ziegelbrenner aufgeführt, welcher 1756 in Merlau geboren wurde und 1777 in Reichelsheim geheiratet hatte. Brumm oder Brunn, das ist bei der Übersetzung aus dem altdeutschen nicht immer einfach zu entziffern. In dieser Zeit sind weitere Personen mit der Berufsbezeichnung Ziegelbrenner im Familienbuch zu finden, die zum größten Teil nicht in Rhm geboren wurden. Tochter des Jacob Brunn heiratete 1803 den Ziegler Johann Georg Schutt. Aus dieser Ehe gingen fünf Kinder hervor, von denen zwei den Beruf des Ziegelbrenners ausübten. Mit Georg Wilhelm Schutt - dem jüngeren der beiden Brüder endet die Familientradition. Zu dieser Zeit taucht der Name Kötter in Reichelsheim auf. Ob es eine Verbindung zwischen den beiden Familien gibt, läßt sich anhand des Kirchenbuches nicht feststellen. Sicher ist nur, daß auch der jetzt als Ziegelfabrikant genannte Heinrich Kötter nicht aus Reichelsheim stammte. Er ist es nun, der nach der großen Feldbereinigung in Reichelsheim an der neu entstandenen Weckesheimer Straße mit dem Bau einer modernen, dampfbetrieben und vollmechanisierten Ziegelfabrik den Schritt in eine neue wirtschaftliche Dimension wagt. Die Familie Kötter scheint groß zu sein - der Name taucht oft auf - aber keiner der Nachkommen verbleibt in Reichelsheim. Eine Henriette Wilhelmine Friederike Kötter, ob mit Heinrich Kötter verwandt oder nicht läßt sich nicht erschließen, heiratete den aus Stagelage (Lippe) stammenden Witwer Ludwig Wihelm Bax. Dieser brachte 4 Kinder mit in die Ehe und zusammen leiten sie die Ziegelei in Reichelsheim. Heinrich Bax, der Sohn von Wilhelm Bax, geboren 1888 in Pivitsheide, verbleibt die Seele des Unternehmens bis zu seinem Tod an Heilig Abend 1949. Auch Frieda, die jüngste Tochter von Heinrich Bax bleibt in Reichelsheim. Sie heiratet 1919 den Ziegeleimeister Friedrich Schürmann aus Heide (Lippe). Mit ihm zusammen hatte sie drei Töchter. Kurz nach der Geburt ihres letzten Kindes verstarb Frieda. Friedrich heiratete 1940 ein zweites mal. 1959 übernimmt die Familie der ältesten Tochter das Unternehmen.

Friedrich Schürmann, Ziegelei - Inhaber Werner Reubold, Architektur- Ingenieurbüro

Nach dem Tod von Friedrich Schürmann im August 1961 trägt man sich mit dem Gedanken, die Ziegelei zu veräußern. Ziegelsteine sind mittlerweile nicht mehr so gefragt. zu alledem gibt es schon wieder neuere und bessere Verfahren zur Herstellung von Ziegeln.


Was kam nach der Ziegelei

1965 wird das Anwesen an die CENTROPA Karl Heinz Erdmann KG verpachtet.

In den folgenden Jahren werden bis auf das Wohnhaus und das angrenzende Arbeiterhaus alle Gebäude abgetragen und das Gelände weitestgehend verfüllt.

Heute kann man nicht mal mehr erahnen, was sich in den Jahren bis 1965 hier abgespielt hatte.

Ende der 1960er Jahre machte die alte Ziegelei von sich reden, als dort eine Friedberger Reifenfirma ihre Altreifen in der stillgelegten Ringofenanlage verbrannte.

Im November 1970 fand auf dem Gelände der ehemaligen Ziegelei eine großangelegte Übung der FFw Reichelsheim unter Einbeziehung des THW Friedberg und der Johanniter-Unfallhilfe statt.


Wie kam es zu dem Berufsbild Ziegler

Ziegler gab es schon immer. Wie so viele andere Berufszweige auch, waren Ziegler nicht das ganze Jahr über zu beschäftigen und wanderten von Ort zu Ort - zumindest in den nicht städtischen Regionen. Die Fertigkeit Ziegel herzustellen wurde von Generation zu Generation weitergegeben und verfeinert. So waren es sehr viel früher die Tongruben, aus denen sich die Reichelsheimer Bürger ihr Material für den Hausbau holten und ihre Steine mit Lehm und Stroh vermengt selber formten und evtl. auch brannten. Zu dieser Zeit waren die Häuser traditionell in Fachwerk-Bauweise hergestellt und an die Ziegelsteine waren keine großartigen statischen Voraussetzungen gestellt. Oftmals waren die Gefache mit einem Holzgeflecht ausgekleidet und mit Stroh armiertem Lehm ausgeschmiert eventuell auch schon mal mit luftgetrockneten Lehmsteinen ausgekleidet. Der moderne (nicht vergessen - wir befinden uns im 17ten Jahrhundert), massive Hausbau ohne Fachwerk (zumindest das Untergeschoß) benötigte Steine mit ausreichender Festigkeit und Stabilität. in den Städten hatten sich Ziegelbauten schon lange durchgesetzt und die ersten massiv gebauten Häuser in Reichelsheim entstanden schon lange, bevor irgend jemand an einen Ziegelfabrikanten in Reichelsheim gedacht hatte. Nach dem großen Brand in der heutigen Neugasse im Jahre 1665 wurden per Dekret steinerne Dachziegel angeordnet - strohgedeckte Häuser waren nicht mehr zulässig. Spätestens ab jetzt mußte in Reichelsheim das professionelle Ziegelhandwerk Fuß erlangt haben.


Der Weg von der Feldbrandziegelei zur Ringofenanlage

Ein Feldbrandofen war keine ortsfeste Einrichtung. Die Steine wurden dort gebrannt, wo sie geformt und gestapelt wurden. Zwischen den einzelnen Lagen der Steine kam ein Brandstoff (meist Kohle) und wenn der Stapel (der Meiler) eine bestimmte Größe erreicht hatte, wurde der Meiler - um unkontrollierte Luftzufuhr zu verhindern - mit Lehm und Erde zugedeckt und angezündet. Während der gesamten Brennphase, die ja nach Größe des Meilers zwischen zwei und sechs Wochen liegen konnte, kontrollierte und regulierte der Ziegler die Luftzufuhr. Die Kunst war, den Meiler so geschickt zu stapeln und das Abbrennen so zu koordinieren, daß eine möglichst große Zahl der gebrannten Steine verwendet werden konnte. Bei einem Meilerofen war die Qualität der Ziegel sehr unterschiedlich, ein Drittel war mit zu hoher Temperatur gebrannt und neigte zum Splittern, ein weiteres Drittel war mit zu niedrigerer Temperatur gebrannt - diese Steine waren porös, verwitterten schnell und brachen oft auseinander. Einzelne Ziegel waren nur zur Hälfte von guter Qualität und somit nur bedingt brauchbar. Auch war der Energieaufwand bei diesem Verfahren sehr hoch.

Abhilfe schafften die Ende des 19ten Jahrhunderts aufgekommenen ringförmigen Brennöfen mit kontinuierlichem Betrieb. Genau solch eine Ringofenanlage baute der Ziegelfabrikant Heinrich Kötter. Von 1902 bis 1906 entstand an der heutigen Bad Nauheimer Str. 39 eine für die damalige Zeit hochmoderne Anlage zur Herstellung von Ziegelsteinen.

Wie in allen Ziegeleien war auch die Arbeit in der Reichelsheimer Ziegelei eine Saisonbeschäftigung. Im Winter wurde nicht gebaut und demzufolge wurden auch keine Ziegelsteine benötigt. Magda Leidinger erzählte, daß man sich immer mit der Zuckerfabrik in Friedberg abgestimmt hatte. Wenn im Herbst die Zuckerfabrik ihren Betrieb aufnahm, wurde die Produktion der Steine eingestellt, die Maschinen gereinigt, repariert und überholt. Frühestens im April begannen einige wenige Beschäftigte mit der Arbeit in der Tongrube. Meist erst ab Mai wurden tatsächlich Ziegel gestrichen. Die Ziegelei hatte nur wenige feste Mitarbeiter. Die Anzahl der Arbeitskräfte variierte mit der Auftragslage und die Arbeiter wurden jedes Jahr aufs neue gesucht. Nicht selten waren dies Gastarbeiter und kamen von weit her.


Zur Geschichte und Funktion unserer Ziegelei suche ich noch Infomaterial

Internetfund in Bezug auf Ziegelei

LWL-Industriemuseum - Ziegelei Lage

Feldbrandziegelei (Wikipedia-Artikel)

Ziegelei in GenWiki

Hoffmannsche Ringofenziegelei in GenWiki