Ortsteil Reichelsheim / Höhere Bürgerschule

Aus Historisches Reichelsheim

Aus der Elementarschule - später der Volksschule - entlassene Schüler konnten sich, wenn die finanziellen Voraussetzungen gegeben waren, zwischen zwei höheren Bildungsrichtungen entscheiden, nämlich über das Gymnasium für eine akademische Richtung, oder andererseits über die Höhere Bürgerschule für eine praktische, reale Richtung, welche sich an den zeitlichen Berufsbildern orientierte.

Im 1885 erbauten Hause Schiel in der heutigen Bad Nauheimer Str. 1 war zeitweilig im oberen Stock eine solche "Höhere Bürgerschule" eingerichtet. Wer es sich leisten konnte, schickte seine Kinder hier zum Privatunterricht.

In Reichelsheim hat dieses Haus heute noch den Beinamen "Lateinschule"


Heinrich Keller - Lehrer in Reichelsheim von 1930 bis 1935 - schrieb dazu in seinem Reichelsheimer Heimatbuch:

Auch eine höhere Bürgerschule hat Reichelsheim einmal besessen. Auf Veranlassung des tüchtigen, höchst ehrbaren Postverwalters Theodor Zinser wurde am 2. Januar 1889 die ganze Gemeinde in das Gasthaus "Zur Lilie" eingeladen zu einer Besprechung über die Errichtung einer erweiterten Volksschule. Ein Consortium von 10 Einwohner richtete ein Gesuch an die Kreisschulkommission in Friedberg. Sie war für die Errichtung, doch der Gemeinderat lehnte ohne trifftige Gründe ab. Die Beschwerde des Ortsvorstandes am Provinzialausschuß und weiter am Verwaltungsgerichtshof in Darmstadt hatte keinen Erfolg. Es kam zur Gründung der Höheren Bürgerschule.
2 fremde Sprachen, Französisch und Englisch, wurden gelehrt. Vorläufig wurden zwei hauptamtliche Lehrkräfte angestellt: Lehramts-Assessist Phil. Kramer und Lehrer Haber. Das Schullokal befand sich abwechselnd in den Häusern von Louis Schiel, Otto Scheibel und Karl Sprengel II. Zahlreiche Schüler aus Reichelsheim und den umliegenden Ortschaften erhielten hier die Grundlage zu dem späteren Studium auf der Hochschule.
Am 22. März 1902 wurde diese Schule für immer geschlossen.


Media