Ortsteil Reichelsheim / Die Straßen, Gassen und Plätze im "alten" Reichelsheim / Bingenheimer Straße

Aus Historisches Reichelsheim

Die Bingenheimer Straße beginnt am Rathaus mit der Nr. 1 und führt nach Norden bis zum Ort hinaus. Bis zum Kreuzungsbereich ist es die Kreisstraße 178 (seit 19xx; bis zum Wegfall der Dorn-Assenheimer Str. war es Landesstraße) und geht ab da in die Landesstraße 3187 über. Aus alten Ansichtskarten, Bau- und Situationsplänen, Fotos und vom Hörensagen sind auch andere Namen und Namensvarianten bekannt:

Den Kreuzungsbereich zw. dem Hofe "Wilhelm Vogt" (genannt Otto's) und den alten Adelshöfen (heute - in 2018 - Riebensahm und Rühl) nannte man "am Obertor" oder den "Zwinger" Es existieren noch 2 Fotografien aus der Zeit vor dem Neubau des Hauses Wilhelm Vogt. Man kann darauf sehr gut erkennen, daß die Straße an dieser Stelle sehr viel enger war - so eng, daß nach alten Erzählungen keine 2 Fuhrwerke aneinander vorbei fuhren konnten. Das damalige Haus, welches bis zur Mitte der heutigen Straße reichte und auf den alten Stadtmauern errichtet wurde, ist mitsamt den Stadtmauerresten vor 1911 abgerissen und die Hauptstraße am Obertor damit der Breite (Baufluchtlinie) der gesamten Straße angeglichen worden. Entlang der Stadtmauer vom Zwinger bis zur Horloff verlief der sogenannte "Wäschbachsgrowe" (Waschbachgraben). Im Westen umsäumte der Haingraben die Stadtmauer, welcher im Bereich des Obertores/dem Zwinger in den Waschbachgraben führte.

Zwischen den Grundstücken Bingenheimer Str. 13 und Bingenheimer Str. 15 führte hier bis 1856 ein ca 3,5m breiter Weg hinunter zur Turmgasse - die "Hollergass". Hollergasse wahrscheinlich deswegen, weil dort früher besonders viele Holunderbüsche standen; Holler=Holunder. Holunder - von manchem als widerspendstiges Unkraut angesehen ist aber in früheren Zeiten eine wichtige essbare Strauchfrucht mit Heilkrautcharakter gewesen. Die Hollergasse war zur Enstehungszeit von Reichelsheim ein notwendiger Entwässerungsweg für das Oberflächenwasser in Richtung Horloff. Seit der Kanalisierung ist die Funktion der Hollergasse unwichtig geworden - auch hat man sie als Gasse nicht wirklich gebraucht und so ist sie in 1856 an die privaten Anlieger verkauft und in die entsprechenden Grundstücke eingegliedert worden (siehe Stadtarchiv: X Abt 2 Konv 8 Fasz 4). Von der Bingenheimer Straße aus war seinerzeit am Eingang zur Hollergasse ein Löschbrunnen (Weet).


Übrigens ....
... vor der Nordseite des Rathauses war bis ca. 1900 noch eine Weet (ein Löschteich). Exakt an dieser Stelle wurde 1910 das Denkmal zur Erinnerung an den Krieg 1870/71 errichtet.

... erleuchtete am 11. Juli 1913 das erste mal elektrisches Licht die Bingenheimer Straße.

... während des 3. Reiches war an der Nordseite des Rathauses ein Straßenschild mit der Aufschrift "Platz der SA" angebracht.

... wurde erstmalig im Jahre 1952 die Hauptstraße mit einer Schwarzdecke versehen.


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