Artikel der Rubrik "Damals" / Verkehrsanbindungen Blofelds nach dem Krieg

Aus Historisches Reichelsheim

Für den Stadtkurier 14. April 2023
Rubrik "Damals"

Verantwortlich und Ansprechpartner für die Rubrik "Damals":
Horst Diehl, Vorsitzender des Heimat- und Geschichtsverein Reichelsheim/Wetterau e.V. (HGV)
Bingenheimer Straße 29
mail-Adresse: h.diehl@web.de


Erinnerungen an "Damals" (von Robert Stede, Blofeld)

Verkehrsanbindungen Blofelds nach dem Krieg:

Bis zur heutigen Verkehrsanbindung unseres Örtchens mit regelmäßig verkehrenden Bussen war es für diesen Stadtteil ein steiniger Weg. Während Reichelsheim, Gettenau, Echzell und die Stationen bis Nidda häufig gleichzeitig mit Bahn und Bus angefahren wurden, waren die Verantwortlichen nicht bereit, auch nicht besonders willig, einen Teil der Busse über Blofeld und Dauernheim nach Nidda fahren zu lassen. Alle diesbezüglichen Bemühungen, in die ich mich auch persönlich stark einbrachte, waren nicht erfolgreich.

Was waren für die Blofelder aber in dieser Hinsicht zu nutzende Möglichkeiten … und das bis lange nach dem Krieg?

Es waren dies das Postauto, das Milchfuhrwerk, der "Neckermannbus", Bürgermeisterdienstfahrten, und Einzelfahrten mittels Pkw durch Herrn Otto Mogk, auf jeden Fall aber die Benutzung eines Fahrrades. Auch bildeten sich Fahrgemeinschaften für ihre Wege zur Arbeitsstelle.

Aber nun im Detail:
Die werktäglich auch die Blofelder Poststelle bedienende von Friedberg/H. kommende Landkraftpost bot ganz offiziell und legal die Möglichkeit, bis zu vier Personen über die restlichen Ortschaften dieser Tour bis nach Friedberg/H. zu befördern. Waren die Beförderungsplätze bereits belegt oder wurden gerade Rentengelder mitgeführt, hatte man das Nachsehen oder musste eben einen Tag später mitfahren. Das Postauto kam so zwischen halb zehn und zehn Uhr, man musste somit rechtzeitig vor Ort an der Poststelle sein. Regnete es, leistete man der Posthalterin Frau Nohl noch etwas Gesellschaft, bis es draußen nachdrücklich hupte.
Gerne genutzt, falls es gerade nicht regnete, wurde auch das täglich fahrende Milchfuhrwerk, zunächst Gespann- später Traktorbetrieben nach Reichelsheim, auf dem offenen Beifahrersitz oder notfalls auch auf den Milchkannen.
Die beiden, sich täglich abwechselnden Milchfuhrleute nahmen gerne Gefälligkeitsaufträge in der Bankfiliale, der Apotheke, der Genossenschaft, beim Sprengel (z.Bsp. Hasenkastendraht für meinen Vater oder Knoblauchpillen für meinen Großvater aus der Apotheke), der Molkerei und sonstigen Anlaufstellen war. Mit den so erzielten Trinkgeldern waren den Milchfuhrleuten die Kosten für die Flasche Bier oder die Tabakwaren gesichert.
Der Bürgermeister ermöglichte auf seinen Dienstfahrten hin und wieder eine Mitfahrgelegenheit, je nachdem, wo er gerade hinmusste, oder tätigte hierbei Besorgungen. Aufgrund der mangelhaften Verkehrsanbindungen Dauernheims und Blofelds war der Einsatz eines Werkbusses der Firma Neckermann in Frankfurt am Main für Viele Grund für ihre dortige Arbeitsaufnahme bis hin zur Lehrlingsausbildung durch diesen Versandbetrieb.
Schließich bot Herr Otto Mogk mit seinen recht früh nach dem Krieg angeschafften Pkw, der erste war ein Opel P 4, es folgten VW-Käfer u.a., Einzelfahrten, meist nach und von Reichelsheim, gegen ein angemessenes Entgelt an. Dies ließ sich Herr Mogk nicht nehmen, selbst wenn eine Fahrt wegen der landwirtschaftlichen Arbeiten völlig ungelegen kam.
Niemand musste laufen, es sei denn, er wollte es nicht anders und war noch gut zu Fuß. Wenn es trocken war, ging man über den Lochberg, eine Fußwegabkürzung zwischen der "Bingenheimer Mühle" und dem "Kreuz" unter Umgehung des "Bingenheimer Asts". Das eigene Fahrrad war ein ständig gebrauchtes Verkehrsmittel zwischen Blofeld und dem Bahnhof Reichelsheim, bei Widrigkeiten auf dieser Strecke auch zum Bahnhof in Gettenau.

Der Blofelder Milchfahrer Karl Fischer vor dem Gasthof zur Post in Reichelsheim
Die Aufnahme wurde von Familie Simon, Blofeld zur Verfügung gestellt

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