Artikel der Rubrik "Damals" / Hausname Bachschuster
Für den Stadtkurier 31. März 2023
Rubrik "Damals"
Verantwortlich und Ansprechpartner für die Rubrik "Damals":
Horst Diehl, Vorsitzender des Heimat- und Geschichtsverein Reichelsheim/Wetterau e.V. (HGV)
Bingenheimer Straße 29
mail-Adresse: h.diehl@web.de
Bildbeschreibung:
Die Familie "Bachschuster"
Eine der ältesten Aufnahmen, die wir vom Hause der Familie der Bachschusters in der Neugasse bislang auffinden konnten.
Der Eingang zu diesem Anwesen befindet sich in der Haspelgasse und die Familie heißt
eigentlich Schäfer.
Warum also Neugasse und warum Bachschuster.
Das Haus wurde im Jahr 1848 mit der laufenden Nummer 166 auf den Namen Henrich Schäfer in das Kataster der Nassauischen Brandversicherungsanstalt eingetragen. Ein kleines einstöckiges Gebäude mit Zugang von der Neugasse und einem kleinen Stallgebäude im Hof.
Die Adresse lautete Henrich Schäfer Nr 166 - es war das 166ste von der Brandkasse
versicherte Anwesen im Ort.
Henrich Schäfer war gelernter Schumacher, so wie auch schon sein Vater, und so lag es
nahe, das neue Anwesen mit "Bachschusters" zu bezeichnen, denn der Familienname
Schäfer war zu dieser Zeit recht häufig in Reichelsheim und irgendwie muß man diese ja
unterscheiden.
Im Jahre 1867 - nach dem verlorenen Krieg gegen Preußen wurde Nassau aufgelöst und
Reichelsheim wurde dem Großherzogtum Hessen zugeordnet. In dessen Folge wurde das
Brandkataster neu aufgestellt und das Anwesen bekam eine neue fortlaufende
Brandversicherungsnummer, was gleichzeitig die neue Hausnummer war.
Die Neugasse hatte zwar schon lange unter diesem Namen existiert aber es gab immer noch keine dem
Straßennamen zugeordnete Hausnummer, so wie wir sie heute kennen.
Die postalische Adresse lautete nun: Henrich Schäfer Haus Nr. 33 oder eben "Bachschusters"
1877, nach dem Tot seiner Ehefrau und vor allem … nach der Heirat seines einzigen Sohnes
und Nachfolgers übergab der damals 61-jährige Henrich Schäfer das Anwesen an eben
diesen Sohn, Karl Theodor Schäfer - auch ein Schumacher, welcher in den Jahren 1882 bis
1902 umfangreiche Baumaßnahmen auf diesem Grundstück durchführte.
Das Wohnhaus bekam einen zweiten Stock aufgesetzt und das Dach erhielt eine große Gaube. Die Ställe
wurden erneuert und aufgestockt und es wurde eine Waschküche gebaut. In der Waschküche
war ein Zuber zum Wasser heiß machen, worinnen man die Wäsche "heiß" waschen konnte
und wenn geschlachtet wurde auch das Fleisch und die Wurst eingekocht hatte. Das war
schon ein Fortschritt, wenn man mit der Wäsche nicht mehr an die Horloff gehen oder in
einer Blechwanne im Hof waschen musste. Über Toiletten im Haus hatte man damals noch
nicht nachgedacht. Das Wasser holte man sich nach wie vor aus dem Brunnen - eine
Toilettenspülung gab es in ganz Reichelsheim noch nicht und den Geruch hatte man im
Hause nicht haben wollen. Das sogenannte stille Örtchen war draußen bei den Ställen - das
war zu der Zeit üblich.
Als in den ersten Jahren des 20ten Jahrhunderts die Hausnummern zu den Straßennamen eingeführt wurden. erhielt das Anwesen die Adresse Neugasse 16 aber es waren immer noch die "Bachschusters".
Mittlerweile war das Anwesen schon in der dritten Generation im Eigentum der Familie Schäfer und Carl Schäfer, wiederum einziger Sohn der Familie hatte sich nunmehr auf die Landwirtschaft konzentriert, die seine Vorfahren neben der Tätigkeit als Schuster ausübten, um sich ausreichend ernähren zu können.
Auch heute noch sind die Nachfahren … übrigens immer noch mit dem Namen Schäfer … mittlerweile in der 6. Generation in der
Landwirtschaft tätig.
Wie üblich wurde in nahezu jeder Generation gebaut und verändert.
Der Zugang von der Neugasse ist schon längst nicht mehr und man betritt das Grundstück
von der Haspelgasse her aber die alte Adresse bleibt natürlich bestehen - genauso wie der
Hausname "Bachschuster"
Personen auf dem Bild: Links im Fenster Karl Theodor Schäfer, im nächsten Fenster dessen
Frau Emilie Schäfer geb. Veith von Weckesheim, im Fenster ganz rechts Carl Schäfer und
Frau Catharina geb. Waas von Bingenheim.
Vor dem Haus die seinerzeitige jüngste
Generation Emmy und Willy Schäfer.
Die Aufnahme wurde von Emmy Fischer geb Schäfer zur Verfügung gestellt