Artikel der Rubrik "Damals" / Grundversorgung in Blofeld - Damals
Für den Stadtkurier 27. Oktober 2023
Rubrik "Damals"
Verantwortlich und Ansprechpartner für die Rubrik "Damals":
Horst Diehl, Vorsitzender des Heimat- und Geschichtsverein Reichelsheim/Wetterau e.V. (HGV)
Bingenheimer Straße 29
mail-Adresse: h.diehl@web.de
Erinnerungen an "Damals" (von Robert Stede, Blofeld)
Die tägliche und auch nicht ganz so tägliche Versorgung in Blofeld
Da man bis weit in die Nachkriegszeit kaum einmal nach Friedberg (H) oder gar nach Gießen kam, nahm man für die tägliche Versorgung die beiden Kolonialwarenläden der Familien Mogk und Roth in Anspruch. Danach hatten zwei weitere Kleinläden eröffnet, die sich aber auf Dauer nicht halten konnten. Diese Läden, scherzhaft auch gerne als „Tante- Emma“- Läden bezeichnet, boten alles Notwendige für den Haushalt an, mehr aber auch nicht im Vergleich zu den heutigen Großmärkten.
Für die Versorgung mit Backwaren, Brot und samstags Stückchen, sorgte die örtliche
Bäckerei - als auch die Bäcker Diehl aus Reichelsheim und Bischoff aus Leidhecken.
Aber damit war es nicht getan. Für andere „Bedürfnisse“ war auch gesorgt.
Für mehr oder
weniger anstrengende bzw. intensive Außerhausbeschäftigungen nach Feierabend hatte man
vier Gaststätten im Ort. Die Intensität dieser Gaststättenbesuche hing davon ab, ob man
unverheiratet war bzw. davon, wer in der Ehe eher das Sagen hatte oder ob man diesen
Müßiggang grundsätzlich ablehnte. Kundige brauchen hierzu keine näheren Erläuterungen.
Daneben gab es für die täglichen Dinge des Lebens eine ganze Reihe ambulanter Versorger,
meist von außerhalb. Das Kaufhaus Langer in Friedberg (H) entsandte einmal wöchentlich
ein schon größeres marineblaues Verkaufsfahrzeug, das ein komprimiertes Sortiment des
Kaufhausangebots mitführte. Diese Auswahl war so umfänglich, dass es fast nichts gab, was
es nicht gab. Personell besetzt war es mit dem Fahrer von an die Vierzig und seiner
Verkaufsassistentin Uschi von Anfang Zwanzig, bildhübsch, beide höchst freundlich, ja
sympathisch. Für die Blofelder einschlägige weibliche Kundschaft dieser Verkaufsstelle
blieb das Geheimnis, ob diese beiden etwas miteinander hätten, wohl für alle Zeiten
ungelöst.
In der Bekleidungs- und Kurzwarenbranche boten die Händler Herr Kaiser aus
Reichelsheim, Herr Kern aus Mockstadt und Herr und Frau Mattern aus Bisses ihre Waren
an. Letztere verkauften Kopfbedeckungen aller Art und Größen, deshalb auch der
„Kappenmann“ genannt. Herr Kern, im besten Mannesalter, stattlich, gepflegt und mit
besten Umgangsformen seine Waren anpreisend, hatte an Unter- wie auch Oberwäsche für
alle, gleich welchen Geschlechts und Alters, aus seinem Pkw etwas anzubieten. Bevor er
Berge von Waren mitschleppte, ging er von Haus zu Haus und fragte nach eventuellen
Begehren. Notfalls wurde das Geschäft auf Bestellbasis, etwa eine Woche später,
abgewickelt. In etwa gleichen Zeitabständen kam der schon ältere Herr Kaiser aus
Reichelsheim, auf seiner Verkaufstour mit seinem Fahrrad gefahren. Die von ihm
angebotenen Kurz- und Strickwaren transportierte er gebündelt auf seinem Gepäckträger
und vor dem Lenker. Auch er nahm Bestellungen entgegen. Bei schlechtem Wetter kam er
schon mal erst in vierzehn Tagen. Unregelmäßig suchten Frauen mit Strick- und
Nähmaterialien in großen Taschen am Arm die Häuser auf, für die man aber nicht überall
gerne die Haustüre öffnete.
Der „Eismann“ mit seinem köstlichen Angebot in zwei Kübeln im Motorrad-Seitenwagen
war einer der Beliebtesten nicht nur bei den Kindern, die ihre 10 Pfennige für dieses
Ereignis aufgespart hatten.
Die Firma Reichhardt aus Bingenheim, hier insbesondere der sehr beliebte
Firmennachfolger Horst Lehr, besorgte Brennmaterial und alles was sonst gewünscht war in
zuverlässiger Weise. Ebenso war Brennmaterial, Kohlen und Briketts und auch Düngemittel,
notfalls auch ein Kleinkredit, bei Herrn Albrecht Schultheis, seines Zeichens
Gemeindekassenverwalter, Verwalter der Spar- und Darlehenskasse und auch Leiter der
Blofelder Bezugs- und Absatzgenossenschaft zu erlangen.
Auch noch in guter Erinnerung ist
mir schließlich ein gelber Kübelwagen, noch aus Wehrmachtsbeständen, mit der deutlichen
Aufschrift „Deuka“. Hier betreute Herr Wech aus Echzell die Blofelder als
landwirtschaftlicher Fachberater und verkaufte Futtermittel.
Wenn auch vielleicht nicht umfänglich, ist dies mein Bericht zu diesem Blofelder sicherlich nicht unwichtigen Lebens-Teilbereich.
Oktober 1987 - Marie Mogks letzter Tag in ihrem Kolonialwarenladen.
Die Aufnahme wurde von Willi Böcher, Blofeld zur Verfügung gestellt