Artikel der Rubrik "Damals" / Gaststätte “Zum Raabennest“ Teil 2

Aus Historisches Reichelsheim

Für den Stadtkurier 08. Oktober 2021
Rubrik "Damals"

Verantwortlich und Ansprechpartner für die Rubrik "Damals" ist:
Horst Diehl, Vorsitzender des Heimat- und Geschichtsverein Reichelsheim/Wetterau e.V. (HGV)
Bingenheimer Straße 29
mail-Adresse: h.diehl@web.de


Bildbeschreibung:

Beienheim: Gaststätte “Zum Raabennest“ Fortsetzung Teil 2

Meine Recherche hinsichtlich der Erbauung des angebauten Saales verlief komplett im Sande.
Ein genaues Alter der Gaststätte „Zur Erholung“ kann auch nicht ermittelt werden.

Im Brandkataster des Jahres 1840 steht zu dieser Adresse “eine Brauerei/Brennerei“.
Sicher ist, dass in 1905 dort ein Paul Krahner Wirt war. Nach seinem Tod wurde der Betrieb durch seine Witwe „die Krahner Liesel“ und 1918 mit ihrem zweiten Ehemann Friedrich Trüller weitergeführt.
Das Haus selbst stammt vermutlich - wie alle Nachbarschaftsgebäude - aus dem 18. Jahrhundert.
Der Saal war, wie schon in Teil 1 angedeutet mit der angegliederten Gaststätte für alle Art von Veranstaltungen ab 1945 das Wohnzimmer für Kinder und Erwachsene. Sie Alle hatten dort durch die Vielfalt der Begegnungen, sei es vereinsbedingt, privat oder auch gemeindebezogen, ihren Mittelpunkt - immer ging`s “Zum Raab“!

Durch einen 1930 neuerbauten zweiten großen Saal hier in Beienheim, fand die Kirmes bis Anfang der Kriegsjahre immer abwechselnd mit dem Saale Jost statt - ab 1946 nur noch bei “Raabe“

Schon zur Jahrhundertwende gab es einen Turnverein, welcher im hinteren erhöhten Teil des Saales trainierte und dort auch seine Wettkämpfe austrug. Geturnt wurde - laut Zeitzeuge - noch mit einer Handvoll Turner bis 1951.
Zum Zeitvertreib und Entspannung gab es Angebote. Eine Tanzschule bot ihre Dienste Anfang der 50er an und selbst der Juniorwirt Alwin Raab lernte dort tanzen.
Von Montag bis Sonntag war das Raabennest ausgebucht! Spielmannszug und Gymnastikgruppen übten im Saal. Der Gesangverein saß mittwochs mit seinem Klavier oben in der Wirtschaft oder im Saal auf der Bühne. Auch der 1926 gegründete Geflügelzuchtverein richtete nach dem Kriege seine Geflügel- und Taubenschauen bis in die 90er im Saale Raab aus. Filmprojektoren ratterten im vorderen, niedrigeren Saal bis gut in die Mitte der 60ger Jahre auf eine Leinwand die fast so breit war wie der Saal selbst. Die angebotenen Spätvorstellungen wurden gut von der Jugend aus verständlichen Gründen besucht.
Männlein und Weiblein kegelten getrennt und gemischt die ganze Woche und sogar Montags am “Raabschen“ Ruhetag. Theater wurde auch ab 1950 bis ca. 1955 dargeboten und die einheimischen Darsteller spielten immer vor vollem Hause.
Auch die Schüler der Volksschule brachten an Weihnachten bis zum Jahr 1961 zwei Stücke auf die Bühne.

Seit seiner Gründung 1946 nutzt der Fußballverein SKV Beienheim das Raabennest als sein Vereinslokal. Ebenfalls regelmäßig seit 1996 ist der “Oldi Club Wetterau“ hier zu Gast. Hier in der Gaswirtschaft ist durch Mitinitiative des damaligen jungen Wirt Hans Martin Raab dieser Verein gegründet worden. Regelmäßig zum Clubabend zeigen hier einmal im Monat Musiker ihr Können - und dies kostenlos.

Zum Abschluss noch ein paar Daten über die Besitzer des “Raabennest“:
1933 erwarb Wilhelm Raab die alte Wirtschaft “Zur Erholung“ und unter neuem Namen “Gaststätte Raab“ bewirtschaftete er diese mit seiner Frau Frieda bis zum Jahre 1968. Dann übernahm sein Sohn Alwin mit Gattin Helga offiziell das gesamte Raabennest.
Nach dem plötzlichen Tod Alwins 1995 wurde deren Sohn Hans Martin mit Frau das neue Wirtsehepaar. Helga unterstützte die Beiden mit Rat und Tat.
Ende 2000 wurde eine Komplettsanierung durchgeführt und im Frühjahr des neuen Jahres 2001 kam es zur Wiedereröffnung mit diversen Pächtern, die bis zum heutigen Tage das “Raabennest“ führen, dessen Besitzerin weiterhin Helga Raab ist.


Beitrag und Recherche: Rainer Rosenbecker; HGV Reichelsheim e.V. Ortsteil Beienheim
Die Aufnahme wurde von Irene Reif geb. Raab zur Verfügung gestellt


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