AMBI

Aus Historisches Reichelsheim

Mit AMBI bezeichnen wir Reichelsheimer die Hallen der ehemaligen Oberhessische Baustein-Industrie GmbH, später der Wetterauer Großmast und Zuchtanstalt GmbH.

Diese Hallen wurden nach Aufgabe der Zuchtanlage von der Molkereigenossenschaft gekauft und später von der Landwirtschaftlichen Absatzgenossenschft übernommen.

Im Zuge der Neugestaltung des sogenannten Raiffeisengeländes wurden die Hallen im Jahre 2011 abgerissen. Heute steht an dieser Stelle ein Verbrauchermarkt.


AMBI steht für „Arthur Müller Bauten und Industriewerk“

Entnommen "Ortsgeschichte Heft 16" vom Freundeskreis Heimatgeschichte Treptow / Alexander Kauther: Vortrag über den Unternehmer Arthur Müller (1971-1935)

Geboren wurde Arthur Müller als Aron Cohn am 23. Oktober 1871 im westpreußischen Stuhm. Damals war die Namensänderung bei deutschen Juden üblich, um sich als Deutscher zu bekennen oder um antisemitischen Anfeindungen zu entgehen. Nach Abschluss des Gymnasiums begann er eine dreijährige kaufmännische Ausbildung. Gut ausgebildet und mit Gespür für Innovationen zog es den Kaufmann Arthur Müller nach Berlin. In Berlin betrieb Arthur Müller bis 1902 ein Futtermittelgeschäft. Bei seiner Beschäftigung mit der Landwirtschaft, war ihm aufgefallen dass es häufig aufgrund ungünstiger Lagerung zum Verderben der Ernten kam. Heu wurde in Schobern gelagert. Und auch Getreide wurde oftmals unter freiem Himmel aufbewahrt. Zusammen mit seinem Techniker entwickelte er Holzskelette in Leichtbauweise, die dann mit Holz beplankt, oder mit Planen verkleidet werden konnten. Er ließ sich diese Bauweise patentieren und gründete 1905 die „Arthur Müller Feldscheunen GmbH“. Bald war die „Feldscheunen AG“ so erfolgreich, dass er seine Bauten auch für die Industrie anbieten konnte. Dabei wandelte er am 19. August 1908 sein Unternehmen in die „Arthur Müller Land- und Industriebauten AG“ um. Müllers Interesse für die Luftfahrt und seine Geschäftsvisionen ließ ihn bald große Hallen mit seiner Leichtkonstruktion bauen. Müller bot der Geschäftsführung der ILA in Frankfurt/M an, unentgeltlich Ausstellungshallen zu bauen und leihweise zur Verfügung zu stellen. Die ILA stand damals noch für „Internationale Luftschiffahrt Ausstellung“ und lief vom 10. Juli bis zum 17. Oktober 1909. So wurde er und seine Hallen in Leichtbauweise in der ganzen Welt bekannt.

Ende des Ersten Weltkrieges ließ Arthur Müller neue Baustoffe entwickeln und stieg in den Wohnhausbau ein. In Kombination aus Zement, Sand, Gips, Lehm und Koksasche entwickelte seine Firma einen AMBI-Baustoff, aus dem AMBI-Steine, AMBI-Platten, AMBI-Dachsteine und AMBI-Falzschienen erstellt wurden. Die Baupolizeiliche Abnahme der Baustoffe erfolgte 1918 und AMBI stieg in das Baugeschäft mit wärmeisolierenden Wohnhäusern ein.

Ab 1919 schloss Müller alle seine bisherigen eigenständigen, wenn auch vielfach aneinander beteiligten Firmen, zum AMBI-Konzern zusammen. AMBI steht für „Arthur Müller Bauten und Industriewerk“.

Unter Mithilfe der in New York ansässigen „J. Henry Schröder Banking Corporation“ schlossen am 12. Februar 1926 der US-amerikanische Karosseriehersteller „Edward G. Budd Manufacturing Company“ aus Philadelphia und die „Arthur Müller Bauten- und Industriewerke GmbH (AMBI)“ einen Vertrag über die Gründung eines Werkes zur gemeinschaftlichen Herstellung von selbsttragenden Ganzstahlkarosserien. Es entstanden die „AMBI-Budd Presswerk GmbH“.

Der Börsencrash 1929 stürzte AMBI-BUDD in eine schwere Krise.

Am 30. Januar 1933 ernannte Reichspräsident Paul von Hindenburg einen neuen Reichskanzler, Adolf Hitler. Die politische Situation in Deutschland verschärfte sich. Zeitgleich setzte die Verfolgung Andersdenkender ein. Und auch jüdische Deutsche wurden durch Boykott, immer neue Verordnungen und Drangsalierungen an den Rand der Gesellschaft gedrückt.

Arthur Müller hatte 1934 einen Unfall in einer seiner Fabriken und verlor dabei ein Bein. Das Ehepaar Müller setzte im Dezember 1934, offenbar aufgrund des Unfalls, vorsorglich ein gemeinsames Testament auf.
Aus den Formulierungen war eindeutig erkennbar dass sie ahnten, oder anhand der politischen Lage erkannten, was die kommende Zeit für sie und für jüdische Bürger bringen würde.

37 Tage nach dem Testament, am 19. Januar 1935, starb Arthur Müller in Berlin infolge der Nachwirkungen des Unfalls und seiner schweren Diabetes.

Ab 1939 bemühte sich Thekla Müller mit Hilfe eines Rechtsanwaltes um ihre Ausreise. Aber erst nachdem alle Unternehmen arisiert oder aufgelöst waren und nach Zahlung der "Reichsfluchtsteuer", durfte sie am 10. Juni 1941 Deutschland verlassen. Die zuvor im Mai 1941 ausgegrabene Asche ihres Mannes nahm sie mit und ließ sie in New York erneut beisetzen.


Auszug aus dem Buch "Baukunde für Laien" von R. Schmiedel und H. Raddatz

Beschreibung der AMBI-Massiv-Bauweise


Bilddateien

Screenshot des RHG-Geländes mit der "AMBI" in 2009