Ortsteil Reichelsheim / Die Straßen, Gassen und Plätze im "alten" Reichelsheim / Vorstadt: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Historisches Reichelsheim
Zeile 3: Zeile 3:
 
In "[https://archive.org/stream/kunstdenkmlerim00unkngoog#page/n6/mode/2up Kunstdenkmäler im Grossherzogthum Hessen von Dr. Rudolf Adamy]" aus dem Jahre 1895 beschreibt Adamy die ersten beiden Höfe auf Seite 252 (Blatt 301 in der Webansicht) wie folgt: "Vor dem Oberthore sind noch Reste zweier größerer Hausanlagen. Eine Thorfahrt nach Art der oft erwähnten Wetterauer Holzthore, jedoch in Stein ausgeführt, trägt über dem Thor für Fussgänger die Jahreszahl der Erbauung und ein Monogramm dazwischen; 17 IPG 25. Die Pfeiler der Thorfahrt haben vertiefte Spiegel, der Bogen flache Reliefornamente, der Schlussstein eine Maske. Der Hauptbogen ist überdacht. Die steinernen Pfannen für die Thürflügel sind noch vorhanden. Oestlich von dieser Anlage, an der anderen Seite vor dem Thore, ist noch ein aus Ziegelsteinen erbautes Haus mit einer noch kenntlichen ehemaligen Thorfahrt vorhanden. Dieses Haus soll ein Saalbau gewesen sein. Das anstossende aus Fachwerk erbaute Haus ist über einem Keller errichtet dessen rundbogiger Eingang die Jahreszahl 1730 trägt. Dieses Haus soll dem Fürsten Heinrich von Schwarzburg-Sondershausen gehört haben, der im Jahre 1758 starb und in der Sakristei der Kirche begraben liegt."  
 
In "[https://archive.org/stream/kunstdenkmlerim00unkngoog#page/n6/mode/2up Kunstdenkmäler im Grossherzogthum Hessen von Dr. Rudolf Adamy]" aus dem Jahre 1895 beschreibt Adamy die ersten beiden Höfe auf Seite 252 (Blatt 301 in der Webansicht) wie folgt: "Vor dem Oberthore sind noch Reste zweier größerer Hausanlagen. Eine Thorfahrt nach Art der oft erwähnten Wetterauer Holzthore, jedoch in Stein ausgeführt, trägt über dem Thor für Fussgänger die Jahreszahl der Erbauung und ein Monogramm dazwischen; 17 IPG 25. Die Pfeiler der Thorfahrt haben vertiefte Spiegel, der Bogen flache Reliefornamente, der Schlussstein eine Maske. Der Hauptbogen ist überdacht. Die steinernen Pfannen für die Thürflügel sind noch vorhanden. Oestlich von dieser Anlage, an der anderen Seite vor dem Thore, ist noch ein aus Ziegelsteinen erbautes Haus mit einer noch kenntlichen ehemaligen Thorfahrt vorhanden. Dieses Haus soll ein Saalbau gewesen sein. Das anstossende aus Fachwerk erbaute Haus ist über einem Keller errichtet dessen rundbogiger Eingang die Jahreszahl 1730 trägt. Dieses Haus soll dem Fürsten Heinrich von Schwarzburg-Sondershausen gehört haben, der im Jahre 1758 starb und in der Sakristei der Kirche begraben liegt."  
  
Das nächst ältere Gebäude ist der Gasthof vor dem Tore (jahrelanger Gasthof zur Post), dessen Baujahr jedoch nicht bekannt ist aber zwischen 1761 und 1806 vermutet werden kann. Die Bebauung entlang dieser Straße begann wahrscheinlich mit dem Haus des Schneidermeisters Baumann (Bingenheimer Str. 28) - dessen Errichtung aufgrund der Eintragung ins Brandkataster auf das Jahr 1868 schließen lässt. Auf alten Karten ist auf dem Nachbargrundstück auf den Namen Wilhelm Theodor Gros eine Kegelbahn eingezeichnet. 9 Jahre später beginnt in 1877 der Landwirt Wilhelm Horack "auszusiedeln" (Bingenheimer Str. 29). 1886 folgte das Wohn- und Postgebäude von Theodor Zinser (Bingenheimer Str. 32) und 1899 entsteht der landwirtschaftliche Hof des Friedrich Binding (Bingenheimer Str. 31). 1897 bis 1999 entsteht in der Bahnstraße ein Wohnhaus samt Wirtschaftshalle des Musikers, Wirt und Weinhändlers Ludwig Schiel I. Im Jahre 1900 entsteht in der Bingenheimer Str. 48 die "Villa Bopp" und Wilhelm Sprengel erweiterte den Gasthof zur Post mit einem Jugendstilanbau (Geschäft im Untergeschoss mit Saal im Obergeschoss)und einem Schlachthaus. 1901 wurde das Wohnhaus zum Gehöft des Hermann Vogt erbaut (Bingenheimer Str. 35). 1903 schon erfolgt der Bauantrag für ein Wohnhaus des Briefträgers Adolf Seling in der heutigen Bingenheimer Str. 45. Nach und nach wächst die "Vorstadt"  
+
Das nächst ältere Gebäude ist der Gasthof vor dem Tore (jahrelanger Gasthof zur Post), dessen Baujahr jedoch nicht bekannt ist aber zwischen 1761 und 1806 vermutet werden kann. Die Bebauung entlang dieser Straße begann wahrscheinlich mit dem Haus des Schneidermeisters Baumann (Bingenheimer Str. 28) - dessen Errichtung aufgrund der Eintragung ins Brandkataster auf das Jahr 1868 schließen lässt. Auf alten Karten ist auf dem Nachbargrundstück auf den Namen Wilhelm Theodor Gros eine Kegelbahn eingezeichnet. 9 Jahre später beginnt in 1877 der Landwirt Wilhelm Horack "auszusiedeln" (Bingenheimer Str. 29). 1886 folgte das Wohn- und Postgebäude von Theodor Zinser (Bingenheimer Str. 32) und 1899 entsteht der landwirtschaftliche Hof des Friedrich Binding (Bingenheimer Str. 31). 1897 bis 1999 entsteht in der Bahnstraße ein Wohnhaus samt Wirtschaftshalle des Musikers, Wirt und Weinhändlers Ludwig Schiel I. In der gleichen Zeit baut als Nachbar Adolph Nohl ein Wohnhaus mit Schlosserwerkstadt. Ein weiteres Einfamilienhaus entsteht in der Bahnhofstraße 6.<br>
 +
Im Jahre 1900 entsteht in der Bingenheimer Str. 48 die "Villa Bopp" und Wilhelm Sprengel erweiterte den Gasthof zur Post mit einem Jugendstilanbau (Geschäft im Untergeschoss mit Saal im Obergeschoss)und einem Schlachthaus. 1901 wurde das Wohnhaus zum Gehöft des Hermann Vogt erbaut (Bingenheimer Str. 35). 1902/3 baut Adolph Nohl ein zweites größeres Wohnhaus und eine größere Werkstatt mit Maschinenhalle in der damaligen Weckesheimer Straße. Gegenüber der Molkerei baut der Optiker Sauer ein Wohnhaus mit Werkstatt und Schauladen. Noch im gleichen Jahr erfolgt der Bauantrag für ein Wohnhaus des Briefträgers Adolf Seling in der heutigen Bingenheimer Str. 45. Nach und nach wächst die "Vorstadt"  
  
 
1904 erfolgt für die Molkereigenossenschaft unterhalb der Horloffbrücke in den Wirrgärten auf dem Flurstück 631 die Anlage eines Eisteiches zur Gewinnung von Kühleis für den 135 Kubikmeter großen Eiskeller in der Molkerei.
 
1904 erfolgt für die Molkereigenossenschaft unterhalb der Horloffbrücke in den Wirrgärten auf dem Flurstück 631 die Anlage eines Eisteiches zur Gewinnung von Kühleis für den 135 Kubikmeter großen Eiskeller in der Molkerei.
  
Bis 1906 gab es bereits neben der Mühle und den beiden Adelshöfen: Die Molkerei, den Bahnhof, den Gasthof zur Post mit Kegelbahn und das Postgebäude. Dazu 4 landwirtschaftliche Anwesen (Aussiedlungen aus dem Innerortsbereich) und sieben private Wohnhäuser und ein weiteres in Planung (Siehe Bild "Katasterplan" unter media weiter unten auf dieser Seite). Die Kegelbahn des Metzgers Wilhelm Theodor Gros (1842 -1871) war zu dieser Zeit schon nicht mehr in Betrieb.
+
Bis 1906 gab es bereits neben der Mühle und den beiden Adelshöfen: Die Molkerei, den Bahnhof, den Gasthof zur Post mit Kegelbahn und das Postgebäude. Dazu 4 landwirtschaftliche Anwesen (Aussiedlungen aus dem Innerortsbereich) acht private Wohnhäuser und ein weiteres in Planung (Siehe Bild "Katasterplan" unter media weiter unten auf dieser Seite). Die Kegelbahn des Metzgers Wilhelm Theodor Gros (1842 -1871) war zu dieser Zeit schon nicht mehr in Betrieb.
  
  

Version vom 8. Januar 2019, 12:21 Uhr

Ausschnitt einer Farblithografie um 1890 - rechts der Gasthof zur Post

Vorstadt nannte man ehemals den Teil von Reichelsheim, welcher sich vor dem Obertor erstreckte - vom Zwinger (Torbereich der alten Stadtmauer) bis hin zur Jahrhunderte alten Mühle. Hier wurden die ersten Höfe und Häuser außerhalb der ehemaligen Stadtmauern errichtet.

In "Kunstdenkmäler im Grossherzogthum Hessen von Dr. Rudolf Adamy" aus dem Jahre 1895 beschreibt Adamy die ersten beiden Höfe auf Seite 252 (Blatt 301 in der Webansicht) wie folgt: "Vor dem Oberthore sind noch Reste zweier größerer Hausanlagen. Eine Thorfahrt nach Art der oft erwähnten Wetterauer Holzthore, jedoch in Stein ausgeführt, trägt über dem Thor für Fussgänger die Jahreszahl der Erbauung und ein Monogramm dazwischen; 17 IPG 25. Die Pfeiler der Thorfahrt haben vertiefte Spiegel, der Bogen flache Reliefornamente, der Schlussstein eine Maske. Der Hauptbogen ist überdacht. Die steinernen Pfannen für die Thürflügel sind noch vorhanden. Oestlich von dieser Anlage, an der anderen Seite vor dem Thore, ist noch ein aus Ziegelsteinen erbautes Haus mit einer noch kenntlichen ehemaligen Thorfahrt vorhanden. Dieses Haus soll ein Saalbau gewesen sein. Das anstossende aus Fachwerk erbaute Haus ist über einem Keller errichtet dessen rundbogiger Eingang die Jahreszahl 1730 trägt. Dieses Haus soll dem Fürsten Heinrich von Schwarzburg-Sondershausen gehört haben, der im Jahre 1758 starb und in der Sakristei der Kirche begraben liegt."

Das nächst ältere Gebäude ist der Gasthof vor dem Tore (jahrelanger Gasthof zur Post), dessen Baujahr jedoch nicht bekannt ist aber zwischen 1761 und 1806 vermutet werden kann. Die Bebauung entlang dieser Straße begann wahrscheinlich mit dem Haus des Schneidermeisters Baumann (Bingenheimer Str. 28) - dessen Errichtung aufgrund der Eintragung ins Brandkataster auf das Jahr 1868 schließen lässt. Auf alten Karten ist auf dem Nachbargrundstück auf den Namen Wilhelm Theodor Gros eine Kegelbahn eingezeichnet. 9 Jahre später beginnt in 1877 der Landwirt Wilhelm Horack "auszusiedeln" (Bingenheimer Str. 29). 1886 folgte das Wohn- und Postgebäude von Theodor Zinser (Bingenheimer Str. 32) und 1899 entsteht der landwirtschaftliche Hof des Friedrich Binding (Bingenheimer Str. 31). 1897 bis 1999 entsteht in der Bahnstraße ein Wohnhaus samt Wirtschaftshalle des Musikers, Wirt und Weinhändlers Ludwig Schiel I. In der gleichen Zeit baut als Nachbar Adolph Nohl ein Wohnhaus mit Schlosserwerkstadt. Ein weiteres Einfamilienhaus entsteht in der Bahnhofstraße 6.
Im Jahre 1900 entsteht in der Bingenheimer Str. 48 die "Villa Bopp" und Wilhelm Sprengel erweiterte den Gasthof zur Post mit einem Jugendstilanbau (Geschäft im Untergeschoss mit Saal im Obergeschoss)und einem Schlachthaus. 1901 wurde das Wohnhaus zum Gehöft des Hermann Vogt erbaut (Bingenheimer Str. 35). 1902/3 baut Adolph Nohl ein zweites größeres Wohnhaus und eine größere Werkstatt mit Maschinenhalle in der damaligen Weckesheimer Straße. Gegenüber der Molkerei baut der Optiker Sauer ein Wohnhaus mit Werkstatt und Schauladen. Noch im gleichen Jahr erfolgt der Bauantrag für ein Wohnhaus des Briefträgers Adolf Seling in der heutigen Bingenheimer Str. 45. Nach und nach wächst die "Vorstadt"

1904 erfolgt für die Molkereigenossenschaft unterhalb der Horloffbrücke in den Wirrgärten auf dem Flurstück 631 die Anlage eines Eisteiches zur Gewinnung von Kühleis für den 135 Kubikmeter großen Eiskeller in der Molkerei.

Bis 1906 gab es bereits neben der Mühle und den beiden Adelshöfen: Die Molkerei, den Bahnhof, den Gasthof zur Post mit Kegelbahn und das Postgebäude. Dazu 4 landwirtschaftliche Anwesen (Aussiedlungen aus dem Innerortsbereich) acht private Wohnhäuser und ein weiteres in Planung (Siehe Bild "Katasterplan" unter media weiter unten auf dieser Seite). Die Kegelbahn des Metzgers Wilhelm Theodor Gros (1842 -1871) war zu dieser Zeit schon nicht mehr in Betrieb.


Media