Ortsteil Reichelsheim / Die Nassauische Herrschaft

Aus Historisches Reichelsheim

Von 1416 bis 1866 gehörte Reichelsheim (mit einigen Unterbrechungen) zu Nassau.

Geschichte

Die "Burg" Bingenheim nebst etwa 187 dazugehörenden Gütern kam im Jahr 817 als Schenkung durch Kaiser Ludwig den Frommen beziehungsweise im Tausch gegen andere Güter zum Kloster Fulda. (siehe Urkunde im Hessischen Landesarchiv)

Um diese Burg entstand in den folgenden Jahrhunderten die Fuldische Mark, wobei die Burg Bingenheim im Besitz des Klosters Fulda verblieb und die Vogtei als Lehen an weltliche Herren gegeben wurde. Die Hauptaufgabe der Vögte bestand in der Ausübung der Landgerichtsbarkeit im Auftrag der fuldischen Äbte, wofür sie die Hälfte der Ländereien für sich beanspruchen konnten.

In der Folgezeit wurden Burgmannen zur Verwaltung der Fuldischen Mark eingesetzt. Ein Teil der Lehen war im Besitz der Herren von Münzenberg. Mit deren Aussterben kam der Besitz 1255 an die Falkensteiner und 1311 an die Grafschaft Ziegenhain. Im Jahr 1450 kam diese durch Erbschaft an die Landgrafen von Hessen.

Die Anteile des Klosters Fulda blieben zunächst in dessen Besitz. 1357 erhielt Fürstabt Heinrich VII. von Kaiser Karl IV. die Erlaubnis, den vor der Burg gelegenen Ort zur Stadt zu erheben, zu ummauern und Märkte abzuhalten, jedoch wurde dieses Recht nie ausgeübt.

Im Jahr 1423 wurden die klösterlichen Anteile an der Fuldischen Mark – Bingenheim, Reichelsheim, Echzell, Dauernheim, Blofeld und Leidhecken – für 26.500 Gulden an Philipp von Nassau veräußert. Im Jahre 1570 verkauften die Brüder Albrecht und Philipp IV. von Nassau-Weilburg, mit Genehmigung des Fuldaer Abts Balthasar, ihren Teil der Fuldischen Mark für 121.000 Gulden an Landgraf Ludwig IV. von Hessen-Marburg. Dabei handelte es sich um Schloss und Haus Bingenheim, Echzell, Berstadt, Dauernheim, Blofeld, Leidhecken und Gettenau. Ausgenommen blieb Reichelsheim, das als fuldisches Lehen bei Nassau-Weilburg-Saarbrücken blieb.[1] 1572 erhielt Landgraf Ludwig auch die fuldische Belehnung über die Hälfte von Echzell. Da der niddaische Anteil der Fuldischen Mark bereits 1450 mit der Grafschaft Nidda an Hessen gefallen war, hatte Hessen-Marburg nunmehr die gesamte Fuldische Mark, ausgenommen Reichelsheim in Besitz.

Mit dem kinderlosen Tod Ludwigs IV. und der daraufhin erfolgten Teilung der Landgrafschaft Hessen-Marburg im Jahr 1604 fiel die Fuldische Mark an Hessen-Darmstadt. Der Name wurde als landrechtliche Verwaltungsbezeichnung beibehalten.

daß im Jahre 817 Kaiser Ludwig der Fromme 187 Mansen in der Wettereiba an die Abtei Fulda vertauschte - darunter auch Richolfesheim. Damit war Reichelsheim einer von 11 Ortschaften in der sogenannten "Fuldischen Mark", ein 

Aus dem Jahre 1388 wird berichtet, daß die Herren von Falkenstein (in Erbfolge der Herren von Münzenberg) die Hälfte des Dorfes zum Lehen von Fulda erhielten. Der letzte Falkensteiner vertauschte diese Hälfte 1416 an den Grafen Philipp den ersten von Nassau Weilburg (Walramsche Linie). Bereits 1 Jahr später übergab die Abtei Fulda diesem auch die noch in ihrem Besitz befindliche andere Hälfte und Vogtei Reichelsheim zu Lehen. Dieses Lehen ging 1423 durch Kauf an Nassau. Unter nassauischer Regierung wurde Reichelsheim im 15. Jahrhundert mit einer Befestigungsanlage umgeben: Mauern, Wallgräben und Wehrtürme sollten die Bürger vor äußeren Angriffen schützen. Reste der Stadtmauer, das westliche Stadttor und vier der ursprünglich sieben Wehrtürme sind heute noch erhalten. In 1567 wurde das Amt Reichelsheim errichtet, welches vorher dem Amt Bingenheim angehörte.

1570 verkauften die Nassauer die Fuldische Mark mit Ausnahme von Reichelsheim an den Landesfürsten von Hessen-Darmstadt Ludwig IV. Reichelsheim war von nun an in seinen Grenzen von hessischem Land umgeben. Damit ist der Flecken Reichelsheim eigenständiges Amt der Grafschaft Nassau-Weilburg, zu dem aufgrund seiner geografischen Lage keine weiteren Orte angehören als Reichelsheim selbst. Im gleichen Jahr wurde mit dem Bau des heutigen "historischen Rathauses" begonnen.

1618 beginnt der 30-jährige Krieg. Nach der Niederlage des protestantischen Bündnisses in der Schlacht bei Nördlingen weigerten sich die Nassauer Grafen im Jahr 1635, den Prager Frieden zu unterzeichnen. In dessen Folge entzog ihnen Kaiser Ferdinand II. ihre Länder. Die Nassauer Grafen wurden durch das Reichskammergericht all ihrer Besitzungen für verlustigt erklärt. Während dieser Zeit kam es kriegsbedingt zu Besitzveränderungen. Reichelsheim musste einer neuen Herrschaft den Untertaneneid schwören und wurde vorübergehend Hessisch.

1635 - 1640 wurde es im 30-jährigen Krieg von den Weimarschen Truppen mehrmals geplündert und gebrandschatzt.

Im Westfälischen Frieden 1648 hatte man die Nassauer rehabilitiert und ihnen ihre Besitztümer wieder zurückgegeben.

  1. Johann Ernst Christian Schmidt: Geschichte des Grosherzogthums Hessen, Zweyter Band, Verlag Georg Friedrich Heyer, Gießen, 1819, S. 112–113