Ortsteil Blofeld / Kulturdenkmäler

Aus Historisches Reichelsheim


Blofeld

Blofeld ist der einzige der Reichelsheimer Stadtteile, der sich auf der linken Horloff-Seite und außerhalb des einst vom Limes umschlossenen Wetterau-Gebietes befindet. Die Ortslage erstreckt sich in einem Seitental der Horloff und wird von einer Straße durchquert, die über den Kamm eines Vogelsberg-Ausläufers hinweg eine Verbindung zur Nidda herstellt. Südlich der Ortslage gibt es im Reichelsheimer Wald künstliche Steinsetzungen, die als alt germanische Kultstätte angesehen werden. Sie belegen eine lange Siedlungstradition im Blofelder Raum. Die älteste bislang bekannte schriftliche Nachricht über Blofeld stammt von 1294. Die Ortschaft gehörte zur „Fuldischen Mark“ der Wetterau und gelangte aus dieser und über die Zwischenstufe von Verpfändungen 1570 in den Besitz der Landgrafen von Hessen. Die 1349 zuerst erwähnte Blofelder Kapelle war eine Filiale von Dauernheim. Vorübergehend auch mit der Kirche von Leidhecken verbunden, erreicht die Blofelder Kirchengemeinde erst Mitte des 19. Jahrhunderts Eigenständigkeit. Während des 30 jährigen Krieges wurde Blofeld vollkommen zerstört. Der anschließende Wiederaufbau fiel in die Ägide des Landgrafen Wilhelm Christoph von Hessen-Homburg-Bingenheim. Wilhelm Christoph stand von 1648-81 einer hessischen Nebenlinie mit Residenz in Bingenheim vor. Blofeld war ein Teil dieses vorübergehenden kleinen Territoriums. Nach dem Tode des Landgrafen Wilhelm Christoph 1681 lebte es als Amt Bingenheim innerhalb der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt fort. Erst im 19. Jahrhundert ging es in den Verwaltungsstrukturen des seit 1806 bestehenden Großherzogtums Hessen-Darmstadt auf. Blofeld kam dabei 1832 zum Landkreis Nidda. 1874 zum Landkreis Büdingen. Am 01.02.1972 schloß sich die zuvor selbstständige Gemeinde der neu konstituierten Stadt Reichelsheim an. Die Lage Blofelds am Rande und abseits von den Hauptverkehrswegen der Wetterau hat dazu geführt, daß der Charakter eines historischen Bauerndorfes in Blofeld noch sehr eindrücklich ist.


Gesamtanlage Blofeld

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Der Ortsgrundriß Blofelds wird von dem Kirchhof auf erhöhter Hanglage und mit benachbartem ehemaligen Adelssitz (Niddaer Strasse 5-7) sowie von der Durchgangsstraße in Tallage (Friedberger/Niddaer Straße) geprägt. Das Nebeneinander von Kirche, Adelssitz und bäuerlichen Gehöften repräsentiert eine mittelalterliche Dorfanlage besonders anschaulich. Die bauliche Ausformung stammt überwiegend aus der der Rekonstruktionsphase nach dem 30jährigen Krieg. Mit Ausnahme der kleinen Bebauungsinsel zwischen Friedberger Straße und Gäßchen sind die Bauerngehöfte linear entlang der schon besprochenen Durchgangsstraße angeordnet. Auffällig ist die Vielzahl der vierseitig umbauten, vollkommen geschlossenen Hofanlagen. Die rückwärtigen Scheunen fügen sich zu Riegeln zusammen, die ursprünglich sicher eine wehrhafte Funktion hatten. Den Scheunen auf der Südseite der Niddaer Straße folgen Hausgärten, die den historischen Ortsrand markant einfassen. Ein schmaler Weg entlang der Scheunen auf der Nordseite der Niddaer Straße bezeichnet vielleicht einen früheren, inzwischen verfüllten Graben. Der topographisch bedingte gewundene Verlauf von Friedberger und Niddaer Straße wird von für die dörfliche Gemeinschaft wichtigen Einrichtungen gesäumt: das ehemalige Bürgermeisteramt in der Friedberger Straße 11, der Brunnen vor dem ehemaligen Adelssitz Niddaer Straße 5-7 und schließlich der kleine Platz im Osten der Niddaer Straße mit einem weiteren Brunnen. In seiner Nachbarschaft befand sich in früherer Zeit die Dorflinde und das Spritzenhaus. Auch solche Verluste schmälern nicht die siedlungsgeschichtliche Bedeutung der Blofelder Gesamtanlage, die nicht zuletzt auf deren Reichtum an verschiedenen bäuerlichen Haus- und Gehöftformen beruht.


Friedberger Straße 11

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Ehem. Schul- und Rathaus

Zweigeschossiger, traufständiger Massivbau am westlichen Ortsrand; noch in klassizistischer Bautradition vermutlich zu Beginn des letzten Viertels des 19. Jahrhunderts errichtet. Schul- und Ratssaal im Erdgeschoß jeweils seitlich der mittleren Erschließungszone, die über eine zweiläufige Freitreppe von außen zu erreichen ist. Das Gebäude heute als Filiale einer regionalen Bank genutzt.

Kirchstraße 4

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Ev. Pfarrkirche

Die evangelische Pfarrkirche von Blofeld liegt erhöht über dem Hauptstraßenzug der Ortes (Friedberger/Niddaer Straße) und benachbart zu dem ehemaligen Adelshof Niddaer Straße 5-7 ( vgl. dort.). Eine mittelalterliche Kapelle wurde 1749 zu einem barocken Saalbau verändert, der nach einer Wiederherstellung 1869 im Jahre 1902 erweitert wurde. Unter der Leitung des Friedberger Kirchenbaumeisters Hubert Kratz wurde der Saal in westlicher Richtung verlängert und der neuen Front auf der Südseite ein Turm von mittelalterlichem Gepräge angefügt. Als Turmabschluß wurde der bereits bestehende Dachreiter der Kirche entsprechend umgesetzt. Unverkennbar ist, daß bei den Maßnahmen von 1902 eine Baugestalt angestrebt wurde, die ihr Vorbild in einer barockisierten mittelalterlichen Wehrkirche hatte. Ein tatsächlich noch vorhandener mittelalterlicher Bauabschnitt, die Sakristei auf der Nordseite des Chores, wurde dabei durch einen Neubau ersetzt. Im Innern gehören die Kanzel mit Schalldeckel, die Ausmalung des gewölbten dreiseitigen Chorabschlusses und die Malereien in den Brüstungsfeldern der West-Empore zur Bauphase von 1749. Weitere Tafelbilder des 18. Jahrhunderts, die jetzt an den beiden Längswänden angebracht sind, stammen wahrscheinlich von inzwischen beseitigten Emporenabschnitten. Das Segmentbogendach des Kirchensaals über sichtbaren Gurtbögen geht auf die Erneuerung 1869 zurück. Das in Hinblick auf die äußere Gesamtgestalt schon angesprochene wehrhafte Motiv erscheint auch in der Zinnenbekrönung des Kirchhofportals am Ende eines vom Gäßchen herführenden Stichweges. In axialer Verlängerung des Weges auf dem Kirchhof eine Gedenkstätte in Form einer Stele mit Ehrenkreuz für die Blofelder Gefallenen der beiden Weltkriege.

Niddaer Strasse 1

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Entlang der Nordseite der massiven Einfriedung des adligen Hofgutes von Blofeld erstreckt sich auf schmaler Parzelle ein traufständiges Wohnhaus. Etwas niedriger, aber mit derselben Firstausrichtung schließt sich nach Osten eine kleine Stallscheune unmittelbar an. Beide Gebäude in Fachwerk . Mitte des 18. Jahrhunderts errichtet; das zweizonige Wohnhaus fast vollkommen unverändert, die Stallscheune offenbar nachträglich im Erdgeschoß massiv unterfangen.

Niddaer Strasse 4

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Dreiseitige Hofanlage, die aufgrund des ursprünglichen Erhaltungszustandes, auch der Wirtschaftsgebäude, insgesamt als Kulturdenkmal zu schützen ist. Das zweigeschossige, giebelständige Fachwerkwohngebäude ist zweizonig, Erschließung auf der Hofseite in der hinteren Zone. Entstehungszeit des Wohnhauses vermutlich nach 1700, auch wenn auf der Traufseite zum Hof im Obergeschoß mit einer geschwungenen Strebe zwischen Schwelle und Rähm noch ein Element älterer Fachwerkbauweise zu sehen ist.

Niddaer Strasse 5-7

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In geringer Entfernung östlich des Kirchhofes befindet sich das von einer Bruchsteinmauer gefasste Areal des Blofelder herrschaftlichen Hofes. Das Herrenhaus ist im Kern ein Fachwerkhaus vermutlich noch des 17. Jahrhunderts. Der reich profilierte Geschoßversatz zwischen Erd- und Obergeschoß deutet auf ein solches Entstehungsdatum. Die südliche Giebelseite mit rheinischem Fenstererker. Das ursprüngliche hohe Dach mit Krüppelwalm inzwischen ersetzt durch flach geneigtes Satteldach. Die Balustrade der Freitreppe auf der westlichen Traufseite mit den Initialen WE, die Wilhelm Ernst von Geismar bezeichnen sollen. Er wird 1708 als Herr des Gutes überliefert. Westlich des Herrenhauses ein Riegel von Wirtschaftsbauten, der ursprünglich sein Ende an der entlang der Niddaer Strasse gelegenen Scheune fand. Die Scheune wurde 1978 nach einem Brand niedergelegt. Das nördlichste der erhaltenen Wirtschaftsgebäude im Fachwerkobergeschoß mit Inschrift 1879 datierter Putzornamentik. Eine alte Abbildung zeigt neben dem Zugang zum Hof einen eingeschossigen pavillonartigen Fachwerkbau der inzwischen allerdings ebenfalls beseitigt ist.

Niddaer Strasse Brunnen

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Vor der massiven Einfriedung des ehemaligen Anwesens Niddaer Strasse 5-7 gelegen; gusseiserne Schwengelpumpe mit längsrechteckigem Brunnentrog. Als Dokument dörflicher Wasserversorgung vor der Einrichtung von Hausleitungen erhaltenswert.

Niddaer Strasse 8

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Vierseitige Hofanlage, die insgesamt als Kulturdenkmal zu schützen ist; besonders bemerkenswert die den Hof rückwärtig begrenzende Scheune, die zu einem Riegel von Wirtschaftsgebäuden entlang des nördlichen Ortsrandes von Blofeld gehört. Die Straßenfront des Hofes zeigt ein zweigeschossiges giebelständiges Fachwerkwohngebäude von Anfang des 18. Jahrhunderts, zu späterer Zeit seitlich ergänzt unter Überbauung der Hofzufahrt.

Niddaer Strasse 10

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Mehrseitig umbaute Hofanlage, von der die rückwärtige Scheune hervorzuheben ist; zusammen mit den benachbarten ist sie Teil eines baulichen Riegels am nördlichen Ortsrand von Blofeld. Das traufständige Fachwerkwohngebäude mit überbauter Hofzufahrt, vermutlich von Beginn an verputzt, stammt aus der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts. Aus dieser Zeit vermutlich auch die Scheune. Aufgrund seiner besonderen Lage und der einheitlichen Entstehungszeit von Wohnhaus und Scheune ist der Hof insgesamt als Kulturdenkmal zu schützen.

Niddaer Strasse 9

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Spätbarockes Fachwerkwohngebäude, das zu einer hakenförmigen Hofanlage gehört; der zweigeschossige giebelständige Bau mit Krüppelwalmdach besitzt drei Zonen, das historische Hausgefüge scheint unversehrt zu sein. Die gradlinigen Streben zur Geschoßaussteifung wie auch zum Schmuck in den Brüstungsgefachen geben Hinweis auf eine Bauzeit Ende des 18. Jahrhunderts.

Niddaer Strasse 13

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Ganz in Bruchsteinen errichtete Scheune, sie stammt vermutlich aus der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts. Sie ist Teil eines Scheunenriegels, der sich entlang des südöstlichen Ortsrandes von Blofeld hinzieht. Der vierseitige Hof Niddaer Strasse 13 ist Teil der Gesamtanlage im Blofelder Ortskern.

Niddaer Strasse 17

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Dreiseitige Hofanlage, die durch den besonders einheitlichen Charakter ihrer Gebäude besticht; die rückwärtige Scheune, Teil des im Zusammenhang von Niddaer Strasse13 schon erwähnten Scheunenriegels am südöstlichen Ortsrand von Blofeld, trägt die Putzinschrift 1823. Damit dürfte das Baudatum der Scheune und auch des Wohnhauses genannt sein. Ein zur Strasse gelegenes weiteres, mit dem firstparaleles Nebengebäude ist etwas jünger.

Niddaer Strasse 19

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Geschlossenes vierseitiges Hofareal, Wohnhaus und Scheune stammen einheitlich aus dem 1. Viertel des 19. Jahrhunderts. Die Scheune ist ein besonders wichtiger Bestandteil des im Zusammenhang von Niddaer Strasse 13 und 17 schon erwähnten Scheunenriegels. Das traufständige Wohnhaus mit überbauter Hofzufahrt verputzt, das alte Hausgefüge aber offenbar ganz unverändert.

Niddaer Strasse 21

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Beginn einer Gruppe von Höfen bescheideneren Ausmaßes am östlichen Rand von Blofeld; denkmalgeschützt ist in diesem Fall das traufständige Fachwerkwohnhaus. Es ist eingeschossig mit Kniestock, entstanden vielleicht noch im 18. Jahrhundert. Gegenwärtig ist es verputzt und mit Holzschindeln verkleidet. Das alte Hausgefüge ist aber unverändert erhalten.

Niddaer Strasse 23

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Zweigeschossiges; giebelständiges Fachwerkwohngebäude; die zugehörige kleine Hofstelle ist von Veränderungen der jüngeren Vergangenheit geprägt, ebenso das Erdgeschoss des Wohnhauses. Dessen Obergeschoß auf der Giebelseite mit V-förmig aufeinander bezogenen Streben zwischen Schwelle und Rähm und mit weiten Gefachabständen , wie es einem Fachwerkbau noch des 17. Jahrhunderts entspricht.

Niddaer Strasse 25

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Kleiner Steckhof offenbar aus der Mitte des 18. Jahrhunderts, am äußersten südöstlichen Ortsrand in einer für diesen Hoftyp charakteristischen Lage; Wohnhaus und Stallscheune eingeschossig mit Kniestock, das alte Hausgefüge in beiden Fällen noch ganz unverändert.

Niddaer Strasse Lindenplatz Brunnen

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Am östlichen Ortsrand auf einer platzartigen Erweiterung der Niddaer Strasse gelegen; gußeiserne Schwengelpumpe mit ebenfalls eieserner Schale über der Schachtabdeckung. Pumpe und Schale sind typische Industrieprodukte, wie sie im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts vielerorts angeboten und gebräuchlich wurden. In der Nachbarschaft des Brunnens ursprünglich die Dorflinde und ein Spritzenhaus, beide inzwischen beseitigt. Der Brunnen als letzte Gemeinschaftseinrichtung an diesem in der Ortslage erst bedeutsamen Platz besonders erhaltenswert.

Niddaer Strasse Quellfassung

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Östlich vor der Ortschaft gelegene Quellfassung; sie ist durch ein massives Gebäude geschützt, das die Gestalt eines antiken Grabmales hat. Auf diese Weise sollt ein reiner Zweckbau ein würdevolles Aussehen erhalten. Die kaschierende Bauform ist typisch für die Jahre zwischen 1900 und dem Beginn des 1 Weltkrieges und aus kulturgeschichtlichen Gründen erhaltenswert.


Das Wilde Frau Gestühl

Über das Wildfrauengestühl (oder auch "Der Wilden Frau Gestühl") hat Alexander Hitz einen schönen Artikel zusammengestellt; siehe

http://www.alexanderhitz.de/reichelsheim_wildfrauen.html



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