Die Onner

Aus Historisches Reichelsheim
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Die Onner

Albert Nohl Heft 5

Seite 17

Im trägen Lauf floß die Horloff hinter der "Höh" vorbei, berührte die "Nachtweide", xxx die "Hüttenwiesen" bis sie dann die Kuh- oder Riedbrücke erreichte. In dieser Gegend befand sich ein ganz kleines Waldstück, die Onner. Hier onnerte im heißen Sommer der Schäfer mit seiner Herde.

Onnern nannte man das Einkehrhalten von Mensch und Vieh an einen schattenspendenden Ort, besonders dann, wenn die unbarmherzig brennenden Sonnenstrahlen kein gedeihliches Arbeiten in der Heuernte möglich machten. Das Waldstück, etwa 80 Meter im Quadrat war ganz mit Roßkastanien bepflanzt. Wer es und wann man es angelegt hatte, war nicht bekannt. Sicherlich waren die Bäume schon über 100 Jahre alt.

Ich weiß nicht mehr ganz genau, wann man gegen den Willen meines Großvaters im Gemeinderat beschloß, die Onner zu beseitigen, ob es 1901 oder 1902 war. Nur daß man versprach auf der Gänseweide hinter dem Faselstall ein neues Wäldchen anzulegen, veranlasste den Großvater seinen Widerstand aufzugeben.


Albert Nohl Heft 10

Seite 20ff

Von der Onner
Es gibt kaum noch jemand in Reichelsheim, der etwas von der Onner weiß und doch spielte sie im bäuerlichen Leben bis zum Jahre 1901 eine gewisse Rolle. Was war sie heißt die erste Frage. Sie war ein Waldstück in der Größe von etwa 2 Morgen und lag mitten im Wiesengrund der Reichelsheimer Gemarkung. Der alte Horlofflauf floss nahe an ihrer Südseite vorbei. In diesem Hain standen in der Hauptsache Kastanienbäume, auch ein paar Akazien hatte man in ihr angepflanzt und als eine große Seltenheit befand sich darin ein wilder Maulbeerbaum. Seine Früchte waren bei der Jugend sehr beliebt. Sie waren zwar klein und von gelblichgrüner Farbe und schmeckten bitter süßlich. Die meisten Kinder jedoch liebten sie. Der Name Onner ist ein altdeutscher Name und bedeutet etwa soviel wie Mittagsruhe halten. Bei der Heuernte war man meist den ganzen Tag in den Wiesen. Nach der Maht, was heißt nach dem Mähen einer Wiese, was in der ersten Morgenfrühe begann, weil dann das Gras vom Nachttau noch feucht war und die Sense das feuchte (nasse) Gras am besten schnitt, ruhten sich die Mäher gerne in der Onner aus und frühstückten hier. ...

Die Kinder benutzten das Waldstück im Sommer gern bei ihren Geländespielen und sammelten freudig im Herbst die vielen vielen Kastanien, die von den Bäumen fielen.

In der Hauptsache jedoch diente die Onner dem Schäfer mit seiner Schafherde als Aufenthaltsort.




Laut "Oberhessisches Wörterbuch", Vol. 2; von Wilhelm Crecelius aus dem Jahr 1897 gilt allgemein der Begriff Onner für die Zeit der Nachmittagsruhe.


Der Begriff Onner