Artikel der Rubrik "Damals" / Urkunde von 1668 über Marktrecht

Aus Historisches Reichelsheim

Für den Stadtkurier 06. April 2018
Rubrik "Damals"

Verantwortlich und Ansprechpartner für die Rubrik "Damals" ist:
Horst Diehl, Vorsitzender des Heimat- und Geschichtsverein Reichelsheim/Wetterau e.V. (HGV)
Bingenheimer Straße 29
mail-Adresse: h.diehl@web.de


Vor 350 Jahren

Mit der Kaiserlichen Urkunde vom 7. April 1668 erhält die Stadt Reichelsheim das Recht, jährlich 3 Märkte abzuhalten. (siehe Bild)

In einer Abschrift einer Urkunde von 1494 ist erstmalig von einem Markt im Dorf und Flecken Reichelsheim die Rede, worin steht, daß der Dienstag jeder Woche frei sei und unter damaligen entsprechenden Bedingungen ein freier, offener Markt stattfinden soll. (abgebildet im Buch ‘Reichelsheim in der Goldenen Wetterau‘ von H. Behrens auf S. 61)

Reichelsheim hatte also schon einen regelmäßigen Wochenmarkt, was aber war besonderes an diesen drei Märkten.

Gerhard Steinl, ehemaliger Lehrer, wohnhaft in Weckesheim von 1964-76, hatte sich bereits damals mit diesem Thema beschäftigt. Er schrieb aufgrund der Aktenlage, die er dem Hessischen Staatsarchiv in Darmstadt und dem Archiv der Stadt Reichelsheim entnehmen konnte (siehe Hessische Familienkunde, Bd. 21, Heft 1, 1993): „Die Gemeinde richtet ein Gesuch an den Grafen, beim Kaiser um 3 Jahrmärkte zu bitten, damit der Ort sich zusätzliche Einkünfte verschaffen kann. Der nassauische Agent am Hof in Wien, Melchior Vigelius, gibt Nachricht. daß ein kaiserliches Marktprivileg nicht zu erlangen sei, bevor nicht Konsens der umliegenden Nachbarn eingeholt wäre.“ …

Es geht also um einen Jahrmarkt - ein kaiserliches Privileg!

… „Graf Friedrich berichtet nach Wien, daß den Bürgern in Reichelsheim nach dem großen Brand von 1665 nur noch wenig Gebäude und fahrende Habe übrig geblieben sei. Kaiser Leopold fordert den Landgrafen Wilhelm Christoph zu Hessen-Bingenheim, den Grafen Wilhelm zu Solms-Greifenstein und die Freie Reichsstadt Friedberg auf, binnen zwei Monaten der kaiserlichen Hofkanzlei mitzuteilen, ob sie Bedenken gegen die Reichelsheimer Jahrmärkte hätten. Bei der Vergabe von Privilegien hatte der Kaiser schließlich ausgewogene politisch wirtschaftliche Verhältnisse bei allen Beteiligten im Auge zu behalten.“ Der Landgraf Wilhelm Christoph zu Hessen unterstützt das Gesuch und verspricht, jegliche Hilfe zu leisten“, schreibt Steinl in seinem Aufsatz weiter. „Die Friedberger erklären, „das Geforderte in Zeiten einzuliefern“. Graf Moritz zu Solms-Hungen wird durch Graf Wilhelm zu Solms-Greifenstein von den zu erwartenden Marktfreiheiten Reichelsheim unterrichtet und gönnt dem Nassauer Grafen die Freiheiten gerne, da die vorgesehenen Markttermine seine Märkte zu Pfingsten in Bellersheim und auf Allerheiligen zu Hungen nicht stören. Graf Wilhelm zu Solms-Greifenstein wünscht dem Unternehmen Glück und Segen und hofft, auch Vorteile durch den Reichelsheimer Markt zu haben. Nachdem der nassauische Agent Vigelius das Ansuchen des Grafen Friedrich vom 1. März 1668 am 26. März 1668 bei der Hofkanzlei in Wien eingeliefert hat, erhalten die Reichelsheimer durch eine Eilnachricht vom 7. April 1668 die Mitteilung, daß sie mit drei Jahrmärkten ‘begnadigt‘ wurden. Kaiser Leopold gestattet den Bürgern Reichelsheims für alle Zeiten jährlich drei Jahrmärkte mit allen dazu gehörenden Rechten und Freiheiten.

Die Jahrmärkte fallen
1. auf Sonntag vor St. Peter Stuhlfeier (= 22. Februar),
2. auf St. Johannis Baptista-Tag (24. Juni) und
3. auf Sonntag vor St. Michaelis (29. September).“

Das kaiserliche Diplom läßt auf sich warten. Die Weilburger Kanzlei weist im Mai den Reichelsheimer Keller Wilhelmi an, den ersten Markt, auf St. Johannis Baptista-Tag, vorsorglich schon auf dem nächsten Friedberger Markt anzukündigen und auszurufen.

Fortsetzung dieses Artikels folgt in der Woche zum Johannisfest

Text auszugsweise entnommen dem Buch ‘Reichelsheim in der Goldenen Wetterau‘ von Hagen Behrens und ‘Hessische Familienkunde, Bd. 21, Heft 1, 1993‘ von Gerhard Steinl

Bild entnommen dem Buch ‘Reichelsheim in der Goldenen Wetterau‘ von Hagen Behrens


Rhm Urkunde 1668.jpg